Karriere ohne Grenzen – und die Familie kommt mit

Der Traum von der Karriere ohne Grenzen. Immer mehr Deutsche zieht es für eine gewisse Zeit beruflich ins Ausland – die meisten haben die Familie „im Gepäck“. Denn der „klassische“ Expat ist zwischen 30-45 Jahren alt und hat mindestens ein Kind.

Vor genau einem Jahr war mein Mann bereits nach Kanada umgezogen. Meine Tochter und ich lebten zwar noch in Deutschland, aber dennoch bereits zwischen zwei Welten. In meinem Büro stapelten sich die Akten, weil noch allerhand zu organisieren war. Wenn ich nicht telefonierte, war ich damit beschäftigt, unseren gesamten Hausrat zu sortieren. Zum Glück haben mich in diesen letzten Wochen kurz vor dem Umzug die Großeltern gut unterstützt, sodass unsere Tochter einen noch halbwegs normalen Alltag hatte.

Die Zeit vor einem Umzug ist turbulent, vor allem, wenn man mit Kind und Kegel umzieht – noch dazu auf einen anderen Kontinent. Man sollte hierbei niemals unterschätzen, welche Gedanken sich bereits die Kleinsten über so einen großen Schritt machen. Verständnis, Geduld und vor allem viel Zuneigung sind hier der Schlüssel.

Dass ein Umzug für Kinder ins Ausland hart sein kann, hatte ich bereits in einem meiner Interviews mit Expatriates erfahren. Ob das bei meiner Familie und mir auch so werden würde?

Eine Achterbahn der Gefühle

Als unser Umzug nach Kanada näher rückte, zählte meine Tochter mit ihrem eigenen persönlichen Countdown fleißig die Tage bis zum Abflug.

Ich kann mich noch gut erinnern, wie vor allem in den letzten Wochen ihre Gefühle von „Warum dauert das denn noch so lange?“ über „Ich freue mich auf Kanada“ bis hin zu „Ich will nicht umziehen“ schwankten. Diese Achterbahn ihrer Gefühle zeigte mir, dass meiner damals „erst“ dreijährigen Tochter die bevorstehenden Veränderungen sehr bewusst waren.

Trotz ihres jungen Alters konnte sie bereits einschätzen, was dies bedeutete: Dass die Großeltern nicht mit umziehen und sie diese nun nicht mehr so oft sieht, die Abschiede von Freunden aus der Nachbarschaft und der Kita, der Abschied von der besten Freundin. Bereits mehr als ein halbes Jahr vor dem Umzug hatten mein Mann und ich begonnen, sie darauf vorzubereiten. Nicht in stundenlangen Gesprächen, sondern mit immer wieder kleinen Andeutungen hier und da, was wir alles erleben werden, dass wir unsere Freunde erst einmal nicht mehr sehen, dass wir Urlaub in Deutschland machen, wann uns die Großeltern besuchen und und und.

Gespräch mit meiner damals 2,5-jährigen Tochter:

Ich „Wo wohnen wir bald?“
Sie „In Kanada.“
Ich „Wie kommen wir da hin? Laufen oder mit dem Schiff oder mit dem Auto oder mit dem Flugzeug?“
Sie „Mit dem Flugzeug.“
Ich „Richtig.“
Sie „Da fliegen wir alle mit?“ (Sie meinte sich, ihren Papa und mich)
Ich „Ja, genau.“
Sie „…und dann sind wir alle weg.“ 

Kinder müssen altersgemäß vorbereitet werden

Die Orientierungsreise nach Kanada einige Monate vor dem Umzug hatten mein Mann und ich ohne unsere Tochter gemacht (mehr dazu hier und hier).

Die spontane Idee, zum Look-and-See-Trip eines der Kuscheltiere meiner Tochter mitzunehmen und mit diesem kleinen Plüschtier in Kanada Fotos zu machen, stellte sich in der Zeit vor dem Umzug immer mehr als wahrer Glücksgriff heraus. Im Nachgang an die Reise hatte ich ein Bilderbuch erstellt, welches meine Tochter regelmäßig hervorholte. Dadurch war sie richtig neugierig auf die neue Heimat und konnte sie sich bereits etwas vorstellen.

Ebenso spontan setzte sich diese Geschichte schließlich fort, denn mein Mann war bereits einen Monat vor uns umgezogen und hatte das kleine Plüschtier bei der Abreise mitgenommen. Meine Tochter meinte dazu „Der Waschbär zeigt dem Papa alles. Der kennt sich ja schon aus.“

Besser ging es nicht. Denn so war aus diesem kleinen Plüschtier ein Symbol für die Veränderung und ein Wegweiser für das bevorstehende Abenteuer geworden.

Zunächst fühlte sich alles noch wie Urlaub an

Schließlich war der Tag gekommen und auch meine Tochter und ich stiegen ins Flugzeug nach Kanada. In den ersten Tagen nach dem Umzug fühlten wir uns wie im Urlaub. Wir lebten in einer Zwischenunterkunft: ein Ferienhaus am Lake St. Clair. Während mein Mann bereits im Arbeitsalltag angekommen war, erkundeten meine Tochter und ich die ganze Stadt und es gab fast täglich Eis.

Es ist zwar kein Urlaub, wenn man aus beruflichen Gründen ins Ausland zieht. Doch man ist neu in der Gegend. Der Hausrat befindet sich höchstwahrscheinlich noch auf der Reise ins Zielland, es muss also improvisiert werden. Kita oder Schule sind noch nicht gestartet, das Urlaubsfeeling zu Beginn hat also seine Berechtigung. Deswegen ist es wichtig, dass jeden Tag ein Programmpunkt auf dem Plan steht. So fällt vor allem den mitreisenden Kindern nicht die Decke auf den Kopf (weitere Tipps für einen entspannten Übergang zwischen Heimat- und Zielland).

Schließlich kehrt Alltag ein

Mit dem Umzug in unser Haus kam auch die Struktur. Meine Tochter startete in der neuen Kita und fing einen Tanzkurs an. Mein Mann und ich waren schon immer kontaktfreudig und auch durch die Kinder (mittlerweile sind wir ja zu Viert) knüpften wir schnell Kontakte.

Nun – ein Jahr später – sind wir vollständig im kanadischen Leben angekommen. Meine Tochter geht gern in die Kita und hat dort ihren Platz gefunden. Sie spricht fließend Englisch und sogar ein paar Worte Französisch.

Ich schätze mich glücklich

Vor dem Umzug nach Kanada war ich überzeugt, dass meine Tochter das gut meistern wird. Ich hätte aber nicht erwartet, dass es so reibungslos funktioniert. Meine Tochter unterscheidet klar zwischen dem deutschen und kanadischen Leben. Sie trägt die deutsche Familie und Freunde im Herzen.

Durch WhatsApp sind wir im engen Kontakt mit allen, die uns in Deutschland lieb sind. Neuigkeiten erfahren wir manchmal sogar zuerst. Bilder, Videos, Nachrichten werden regelmäßig hin- und hergeschickt.

Besonders groß ist die Freude über Besucher aus Deutschland. So war zum vierten Geburtstag meiner Tochter die Oma eingeflogen – das beste Geburtstagsgeschenk von allen.

Es hätte anders laufen können. Meine Tochter hätte mehr Probleme mit dem Umzug haben können. Dass alles so gekommen ist, wie es jetzt ist, erfüllt mich mit großer Freude und macht mich stolz.

Meine Tipps an alle, die mit Kindern (ins Ausland) ziehen:

  • Die Kinder nicht zu früh, aber dennoch frühzeitig mit in den ganzen Prozess einbeziehen und anhand kindgerechter Beispiele und Erklärungen Neugier für das Neue wecken.
  • Sorgen und Ängste nicht herunterspielen. Also besser „Ich verstehe, dass du traurig bist. Das bin ich auch manchmal.“ als „Du musst nicht traurig sein.“ Denn natürlich haben die Kinder ein Recht darauf, traurig zu sein. Es ist für sie ein enormer Schritt, ihr gewohntes Umfeld zu verlassen. Je nach Alter des Kindes können dabei unterschiedlichste Sorgen oder Gedanken eine Rolle spielen. Doch eines ist bei allen Kindern gleich: Es wird der Moment kommen, dass sie traurig sind, Familie und Freunde zu verlassen. Der Moment, an dem sie Heimweh bekommen. Wichtig ist die richtige emotionale Unterstützung in diesen Momenten, denn gleichzeitig haben Kinder eine bewundernswerte Anpassungsfähigkeit.

Wer mehr wissen möchte…

Ich habe bereits einige Artikel zum Thema Umzug ins Ausland geschrieben

Bilder sagen mehr als tausend Worte

Seit einem Jahr teile ich auf Instagram regelmäßig meine Erfahrungen als Expat in Wort und Bild. Schaut doch mal vorbei: @within2worlds

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5 Gedanken zu “Karriere ohne Grenzen – und die Familie kommt mit

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