Selbstständigkeit vs. Anstellung – Gibt es hier eine klare Entscheidung?

„Selbstständigkeit vs. Anstellung – was ist besser? Bringt es mehr, wenn man jeden Tag brav zur Arbeit geht und ein geregeltes Einkommen hat, oder doch besser die Freiheit zu genießen? Ist es überhaupt so, dass eine Selbständigkeit mehr Freiheit bietet als ein Angestelltenverhältnis?“ – Dies sind die Fragen, die Josef Altmann in seiner Blogparade aufwirft.

Meiner Meinung nach gibt es bei dieser Frage kein richtig oder falsch, besser oder schlechter. Vielmehr sind viele Faktoren zu beachten, die diese berufliche Entscheidung beeinflussen. Und eine einmal getroffene Wahl ist auch definitiv nicht starr, sondern stets reversibel.

Hier mein Kommentar dazu. Außerdem einige Fragestellungen, die bei einer Entscheidung helfen können.

Zum Einstieg eine Umfrage

Das Thema Selbstständigkeit vs. Anstellung habe ich zum Anlass genommen, um vor kurzem auf Twitter und Facebook eine kleine Umfrage zu den Präferenzen zu starten. Obwohl ich leider nur wenige Rückmeldungen erhielt, wurde dennoch Folgendes deutlich: angestrebt wird eher eine Anstellung.

Mich würden die Gründe für diese Entwicklung interessieren, denn noch vor einigen Jahren ging der Trend deutlich in die andere Richtung. Aber auch die erfahrenen Karrierecoaches Svenja Hofert und Dr. Bernd Slaghuis, die ich dazu befragte, waren sich einig:

„Selbstständigkeit ist kein Thema mehr. Das war vor 10 Jahren komplett anders.“ (Svenja Hofert)

„Die meisten Angestellten möchten bei beruflichen Veränderungen weiter angestellt arbeiten.“ (Dr. Bernd Slaghuis)

Einflussfaktoren bei der Entscheidung

Bei der Entscheidung über das Arbeitsmodell der Wahl spielen die aktuellen und angestrebten Lebensumstände eine sehr große Rolle:

  • Welchen Beruf übe ich aus?
  • Lebe ich in einer Partnerschaft? Wie kann mich mein/e Partner/in bei der Selbstständigkeit unterstützen (und ich meine hier nicht Unterstützung finanzieller Art)?
  • Habe ich Kinder?
  • Besitze ich (Wohn-)Eigentum oder möchte ich Eigentum erwerben?
  • In welcher Lebensphase befinde ich mich aktuell?
  • Wie alt bin ich?
  • usw.

Aber auch das Empfinden, die Bedürfnisse und Ziele sind von enormer Bedeutung:

  • Kann ich mich in meinem aktuellen Job selbst verwirklichen?
  • Bin ich mit meiner aktuellen beruflichen Situation und den dazugehörigen Karrieremöglichkeiten zufrieden?
  • Möchte ich mehr Zeit für meine Familie haben?
  • Möchte ich ortsunabhängig arbeiten?
  • Welche beruflichen Ziele habe ich?
  • Wieviel Zeit kann und möchte ich für meine Arbeit wöchentlich investieren?
  • Welche positiven/ negativen Berufserfahrungen habe ich bereits gesammelt?
  • usw.

Es sind viele äußere und innere Einflüsse, die sich auf die Entscheidung des Arbeitsmodells auswirken. Und sicherlich gibt es Zeiten, da passt eines besser als das andere.

Die Vorzüge des einen sind die Nachteile des anderen

In meine persönliche Lebenssituation passt meine aktuelle ortsunabhängige Freiberuflichkeit ganz wunderbar. Denn trotz des Umzugs nach Kanada kann ich meine Arbeit auch von dort aus relativ problemlos weiterführen. Ich habe einen flexiblen Arbeitsplatz, den ich an jeden Ort der Welt mitnehmen kann. Ich genieße meine Selbstständigkeit mit der freien Zeiteinteilung, dem Homeoffice und der Möglichkeit, auch einmal einen Auftrag abzulehnen. Zurzeit empfinde ich dies als einen enormen Luxus, insbesondere dadurch, dass es sich sehr gut mit der Familie vereinbaren lässt und auch für den Umzug nach Kanada noch viel zu organisieren ist.

Doch ich mache keinen Hehl daraus: Nicht jede*r kann und darf sich diese Freiheit erlauben. Selbstständigkeit ist herausfordernd. Man muss immer am Ball bleiben, Aufträge an Land ziehen, Online-Reputation aufbauen, Netzwerken und viel mehr Arbeitszeit für eine vor allem zu Beginn der Selbstständigkeit geringere finanzielle Entlohnung einplanen. Bei der Entscheidung muss man sich dies definitiv vor Augen halten.

Zumal auch die Festanstellung Vieles bietet, was in der Selbstständigkeit für Unsicherheit sorgen kann. Zum Beispiel die automatische Sozial- und Krankenversicherung. Als Selbstständiger muss man gut durchrechnen, ob sich die investierte Arbeit und Zeit letztlich am Monatsende rentiert und auch alle notwendigen Abgaben abgedeckt werden können.

Auch die soziale Komponente ist nicht zu unterschätzen. Ganz ehrlich, ab und zu fehlen mir die gemütlichen Mittagspausen mit den Kollegen, in denen man beim neuesten Klatsch und Tratsch so wunderbar abschalten konnte. Zudem kann man sich mit den Kollegen aber auch fachlich austauschen und somit neuen Input für die eigene Arbeit gewinnen.

Was sollte vor der Entscheidung bedacht werden?

Bei der Entscheidung für eine Selbstständigkeit oder Anstellung sollte man sich zum Beispiel folgende Fragen beantworten:

  • Arbeite ich lieber im Team oder alleine?
  • Was ist mein Alleinstellungsmerkmal? Kann ich ein Produkt oder eine Dienstleistung anbieten, mit der ich mir den Lebensunterhalt finanzieren kann?
  • Habe ich ein großes finanzielles Sicherheitsbedürfnis? Kann ich Zeiten finanzieller Unsicherheit (Auftragseinbrüche, Sommerloch, Krankheitstage etc.) gut aushalten bzw. finanziell ausgleichen?
  • Ist mein Beruf für eine Selbstständigkeit geeignet?
  • Bin ich dazu bereit, unbezahlte Arbeit zu leisten (für Netzwerken, Online-Marketing, Werbematerialien, Auftragsakquise etc.)?
  • Brauche ich einen geregelten Tagesablauf?
  • Kann ich mich gut alleine motivieren?
  • Benötige ich den Rückhalt eines Kollegiums?

Eine Entscheidung ist keine Einbahnstraße!

Bei allen Überlegungen sollte man natürlich Eines nicht vergessen… Eine einmal getroffene Entscheidung ist reversibel. Lebensläufe sind nicht starr, sondern durch Dynamik und Flexibilität geprägt. Karrierepfade können Kurven enthalten und in unterschiedliche Richtungen laufen. Aus einer Anstellung heraus kann man natürlich den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Umgedreht kann man sich nach einer Selbstständigkeit auch wieder für eine Anstellung entscheiden.

Was spricht dagegen, Beides parallel zu machen? Also eine Festanstellung (in Teilzeit) und Freiberuflichkeit nebenbei?

Es sind die eigenen Wünsche und Bedürfnisse, die den Ausschlag geben. Und dies kann sich selbstverständlich nach Monaten oder Jahren wieder ändern. Bei der Entscheidung für Selbstständigkeit oder Anstellung gibt es kein richtig oder falsch. Man muss für sich selbst entscheiden, was in der jeweils aktuellen Situation das beste Modell ist.

Zu guter Letzt…

Das Arbeitsmodell, welches mich am meisten reizt, ist tatsächlich die Kombination aus Freiberuflichkeit und Anstellung. Ich mag die Sicherheit einer Anstellung und die doch noch etwas stärkere Flexibilität und den Gestaltungsspielraum (m)einer Freiberuflichkeit.

Wertvolle Tipps für die nebenberufliche Selbstständigkeit gibt Jessika Fichtel auf arbeits-abc.de.

Fun Fact

Während ich die letzten Zeilen für diesen Artikel schreibe, sitze ich bei blauem Himmel, Sonnenschein und Vogelgezwitscher in meinem Garten. Definitiv ein Pluspunkt der Freiberuflichkeit: die freie Wahl des Arbeitsplatzes.

Und was gibt es Schöneres als den beginnenden Frühling im eigenen Garten?

Kommentare, Hinweise, Anregungen?

Ich freue mich auf einen spannenden Austausch, kritische Anmerkungen und Fragen!

4 Gedanken zu “Selbstständigkeit vs. Anstellung – Gibt es hier eine klare Entscheidung?

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  4. Klar, es stehen einem alle Wege offen und ich kenne auch viele, die aus der Selbstständigkeit wieder ins Angestelltenverhältnis sind und anders herum. Wer beides kann, ist auch viel flexibler, falls mal kurzfristig eines von beiden nicht klappen sollte.

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